Vorwort

Henry Maske und Theo Bergauer im Dialog

„Der Sieger hat viele Freunde, der Besiegte hat gute Freunde.“ – Aus der Mongolei

Freunde sind etwas sehr Wertvolles im Leben eines jeden Menschen. Sie begleiten einen in schönen Momenten ebenso wie in schwierigen Zeiten. Sie hören zu, geben Rat und stellen manchmal auch entscheidende Fragen, wenn wir selbst nicht mehr weiter wissen, wir uns eben nicht so leicht entscheiden können. Der amerikanische Philosoph und Dichter Ralph Waldo Emerson (1803-82) sagte einmal: „Der einzige Weg, einen Freund zu haben, ist der, selbst ein solcher zu sein.” Und: „Ein Freund ist ein Mensch, vor dem man laut denken kann.“ Genau das wollen wir heute hier für Sie tun. Ich habe dazu einen meiner besten Freunde eingeladen: Henry Maske, mit dem mich seit inzwischen fast 15 Jahren eine Freundschaft verbindet. Begleiten Sie uns doch ein Stück bei unseren Gedanken zum Thema Souveränität, wertVoll entscheiden, Engagement, Imagewandel und – last but not least – die Bedeutung von Freundschaft.

„Nur wer aufgibt, hat verloren“, lautet der Titel des Buches von Henry Maske, das 2006 im Vorfeld zu seinem zweiten Kampf gegen Virgil Hill erschienen ist. Zehn Jahre zuvor, am 26. November 1996, hatte er mit einem Kampf gegen eben diesen Gegner seine Boxkarriere beendet. Viele von Ihnen haben, gerade wenn die Musik „Time to say good-bye“ erklingt, sicher noch die bewegenden Bilder aus dem Boxring im Kopf. Ein besiegter Henry Maske, der in diesem Moment doch kein Besiegter war, der in den Augen der Zuschauer einmal mehr an Sympathie gewann. Weil er authentisch war, weil man ihm seine Enttäuschung einfach ansah, weil er in seiner ruhigen und souveränen Art einmal mehr bewiesen hat, dass man an sich glauben und, wenn man sich ein Ziel gesetzt hat, manchmal auch risikobereit sein muss.

Nach zehn Jahren setzte sich Henry Maske ein enorm großes Ziel: Die Rückkehr in den Ring. Und der große „Sir Henry“ gewinnt
tatsächlich seinen zweiten Kampf gegen Virgil Hill. Henry Maske hatte ein hohes Ziel, hatte viele Zweifler im Umfeld und ebenso viele Menschen, die ihn unterstützten. Menschen, die erkannten, dass es sich lohnt, dabei zu sein, gedanklich oder tatkräftig in der Umsetzung. Souveränität ermöglicht wertVolle Entscheidungen. Souveränität begeistert. Souveränität zieht an. Souveränität macht Erfolg kopierbar!

Theo Bergauer:
Henry, du hast in Deutschland das Boxen salonfähig gemacht, hast am und im Ring wie kein anderer Souveränität bewiesen. Über viele Jahre hinweg hast du nicht nur generell ein hohes Fitnesslevel gehalten, sondern vor einem Kampf noch einmal alle Kräfte auf dieses Ereignis ausgerichtet, hast trainiert – Stunde um Stunde, Tag für Tag, Woche für Woche. Ich habe deine Disziplin immer bewundert. Woher nimmst du die Kraft für dein Engagement?

Henry Maske:
Ich denke, bis ans Äußerste seiner Kräfte zu gehen, wie bei einem Boxkampf und schon in der Vorbereitungsphase, u. a. durch hartes und diszipliniertes Training, erfordert eine große Leidenschaft. Diese Leidenschaft verwende ich ebenso außerhalb des Rings. Nicht nur dort kämpfe ich für den Sieg, sondern auch in meiner
Stiftung für Jugendliche, als Unternehmer und nicht zuletzt als Mitglied meiner Familie, in der ich natürlich für das Glück meiner Frau und unserer Kinder kämpfe. Wichtig ist, dass du für dich entscheidest, für was es sich lohnt, einen persönlichen Einsatz zu bringen und dann – ohne wenn und aber – dein ganzes Denken und Tun
einbringst. Aber das ist bei dir als Trainer und Coach doch ähnlich, oder? Ohne Leidenschaft und persönliches Engagement wäre es nicht möglich, Menschen so zu begleiten, wie ich es bei dir erlebt habe.

Theo Bergauer:
Ja, das stimmt, wenn es bei mir auch nicht immer so schweißtreibend wie bei dir im Training und Boxring zugeht. Aber du hast schon recht. Auch mich trägt hier eine Leidenschaft, die mich als Ingenieur weg vom technischen Umfeld in der Baubranche hin zum persönlichen Umgang mit Menschen geführt hat. Schon immer hat mich fasziniert, wie sich Personen zu Persönlichkeiten weiterentwickeln, wie aus Gruppen Teams und diese wieder miteinander erfolgreicher werden. Und besonders gereizt hat es mich immer, das Geheimnis zu ergründen, warum manche Menschen erfolgreicher sind als andere.

Henry Maske:
Und diese Neugierde bzw. das, was du herausgefunden hast, fließt jetzt in dieses Buch ein? Ein neues leidenschaftliches Projekt?

Theo Bergauer:
Genau und ich finde es klasse, dass du gedanklich dabei bist als mein Freund, von dem ich sehr viel zum Thema Souveränität lernen konnte. Das Thema „Wort halten“ ist hier z. B. ein wichtiges Stichwort und ich bin auch heute noch erstaunt, wie sehr du immer wieder zu deinem Wort stehst.

Henry Maske:
Es war und ist für mich immer schon entscheidend gewesen, Wort zu halten und das nicht nur anderen, sondern auch mir selbst gegenüber. Theo, du kannst vielleicht jedem anderen, der dich nicht so gut kennt, etwas vormachen, nur dir selbst nicht. Ich wollte und will mir selbst nicht wortbrüchig werden. Gerade von Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, wird eine hohe Sensibilität erwartet. Aussagen, die ich selbst zu Themen oder anderen Personen treffe, sollte ich mir vorher schon gut überlegt haben.

Theo Bergauer:
Viele haben ja nicht verstanden, warum du nach zehn Jahren noch einmal in den Ring gestiegen bist, obwohl du zuvor deinen endgültigen Abschied verkündet hattest.

Henry Maske:
Bei meinem ersten Kampf gegen Virgil Hill 1996 hatte ich zuvor entschieden: „Das wird heute mein letzter Kampf“, und – trotz Niederlage – habe ich mir und meiner Familie gegenüber Wort gehalten. Auch, wenn es in diesem Moment sehr schwer für mich war. Aber ich hatte noch andere Ziele im Leben. Zum Zeitpunkt meiner Entscheidung war ich in der „Ära nach dem Sport“ längst angekommen. Die Nachricht, Virgil Hill ist mit 42 nochmals Weltmeister geworden, war für mich sehr beeindruckend. Dem Gefühl des Respekts Hill gegenüber, folgte nach einer gewissen Zeit die Frage an mich selbst: „Wäre eine Leistung dieser Qualität für mich überhaupt noch möglich“. Danach nahm vieles seinen Lauf und ist sicher auch dem einen oder anderen bekannt.

Theo Bergauer:
Und du hast die Sensation geschafft! Und damit wieder einmal bewiesen, dass du den Imagewandel im Boxsport über dein ganzes aktives Boxerleben und darüber hinaus entscheidend geprägt hast. Max Schmeling hat doch einmal über dich gesagt: „Sein Auftreten, sein Verhalten, nicht zuletzt auch außerhalb des Rings, imponieren mir. Mit ihm kommt der Boxsport zumindest gedanklich von St. Pauli weg. … Mit ihm hat der deutsche Profiboxsport endlich wieder eine echte Identifikationsfigur.“

Henry Maske:
Wenn eine Box-Legende wie Max Schmeling einem eine solche Achtung und Wertschätzung entgegenbringt, dann ist das natürlich etwas ganz Besonderes und ich bin sehr stolz darauf. Als ich selbst mit sieben Jahren zum Boxsport kam, wurde ich durch ein Umfeld von engen Bezugspersonen geprägt, das mich von Kindheit an in besonderer Weise unterstützte und mir den nötigen Halt für meine Karriere, aber auch meine persönliche Entwicklung ermöglichte. Ich betrachte es immer noch als das größte Glück meines Lebens, durch den Boxsport nicht nur früh das gefunden zu haben, was mich begeisterte, sondern auch die Menschen, die mir halfen, meine Vision zu  verwirklichen.

Theo Bergauer:
Und das gibst du jetzt mit deiner Stiftung wieder an Kinder und Jugendliche weiter?

Henry Maske:
Ja, wir wollen mit der Stiftung „A Place for Kids“ den Kindern helfen, die dieses Glück nicht haben. Deshalb unterstützen wir sozial benachteiligte und gefährdete Kinder und Jugendliche in Deutschland und verhelfen ihnen so in einem schwierigen Lebensumfeld zu sinnvollen Perspektiven. Wir fördern Bildungs-, Ausbildungs- und
Sozialisationsangebote, organisieren und unterstützen Sport-, Musik-, Freizeit- und kulturelle Projekte sowie präventive Betreuungsangebote und mieten, errichten oder sanieren Gebäude oder Räumlichkeiten zur Durchführung von Betreuungsprojekten mit Kindern und Jugendlichen. Im Oktober 2008 ist z. B. in Müritz die Perspektiv-
Fabrik und mit einem Bauvolumen von fünf Millionen Euro das bis dato größte Projekt unserer Stiftung und zahlreicher Förderer eröffnet worden.

Theo Bergauer:
Ohne vertrauensvolle und langfristige Partnerschaften geht es also auch hier nicht?

Henry Maske:
Ja, denn auch für eine Idee braucht man zugkräftige Partner, die diese mittragen und bereit sind, sich dafür zu engagieren. Hier wie im privaten Umfeld stellt sich dann meistens aber sehr schnell heraus, wer die echten und wahren Freunde sind. Du kennst ja die Geschichte mit meiner Oma, die mich vor vielen Jahren einmal fragte, ob der mitgebrachte Junge mein Freund oder mein Kumpel wäre. Die Folge war, dass ich mir in der Situation und später immer wieder genau diese Frage im Zusammenhang mit Beziehungen stellte. Oma war eine sehr kluge Frau.

Theo Bergauer:
Und für diese drei, vier oder fünf Freunde können wir dann auch tatsächlich da sein, können die Freundschaften pflegen, gemeinsame Aktivitäten planen. Ich habe hier zum Thema Verbindlichkeit viel von dir lernen können. Wenn du zu mir gesagt hast: „Dann und dort werde ich kommen oder wieder zurück sein“, hast du diese Zusage
auch eingehalten und da konnte eine noch so große Veranstaltung mit bekannten Persönlichkeiten und wichtigen Menschen sein. Ich erinnere mich, als du mit deinen Kindern bei uns zu Besuch warst und kurzfristig die Einladung zu einer Preisverleihung erhalten hast. Du bist zwar dorthin geflogen, warst aber auch wieder zurück, wie
du es zugesagt hattest. Und das, obwohl noch Feierlichkeiten angesagt waren. Du sagtest: „Aber ich hatte meinen Kindern und dir doch versprochen, ich bin heute Nacht wieder zurück!“

Henry Maske:
Wenn ich eines über mich selbst sagen kann, dann das: Ich stehe zu meinem Wort! Oder habe zumindest den Anspruch, es zu tun. Und nachdem du ja auch immer da warst, wenn entscheidende Kämpfe in meinem Leben anstanden, ist das in einer Freundschaft immer ein Geben und Nehmen.

Theo Bergauer:
Henry, gibt es ein besonderes Geheimnis deines Erfolgs – im Boxring und darüber hinaus?

Henry Maske:
Es gibt da kein Geheimnis. Es war viel einfacher: Ich habe in all den Jahren mein Ziel nie aus den Augen verloren. Wer ein klares Ziel hat, der kann immer noch stolpern, aber er stolpert nicht so schnell wie andere. Das ist vielleicht die wichtigste Erfahrung, die ich in meiner Karriere gemacht habe. Mein Ziel hat mich immer motiviert, und diese Motivation hat ungeheure Energien freigesetzt. Aber ich habe auch gelernt, dass selbst die beste Motivation nichts nützt, wenn der Wille zur Leistung nicht da ist. Wenn du etwas wirklich willst und alle Hebel dafür in Bewegung setzt, dann kannst du es auch schaffen. Dann stehst du immer wieder auf, wenn du einmal gefallen bist, und gehst unbeirrt weiter, bis du das Ziel erreicht hast.

Henry Maske und Theo Bergauer:
Und nun, lieber Leser, sind Sie an der Reihe. Nun lassen wir Sie über fünf Runden gehen und Ihr Ziel erreichen: Sich durch wertvolle Entscheidungen als Persönlichkeit in Ihrer eigenen Souveränität weiter zu entwickeln. Genießen Sie den Kampf (der in nächster Zeit nicht gleich gegen einen Gegner, sondern viel öfter gegen Ihren eigenen inneren Schweinehund geht) und nutzen Sie die Pausen zwischen den Runden, um Kraft zu tanken, sich zu sammeln und die weitere Strategie festzulegen. Ring frei!